BARC Planning Survey 2014

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Im März 2014 ist eine neue Studie von BARC zum Thema integrierte Unternehmensplanung mit dem Titel „BARC Planning Survey 2014“ erschienen. Ich möchte im Rahmen unseres Blogs zu den Ergebnissen dieser Studie gerne einige Kommentare und Bemerkungen anbringen. Die Ergebnisse der Studie fassen die Autoren wie folgt kurz zusammen:

  • Der Stellenwert der Planung nimmt weiter zu. Art und Umfang der Planung befinden sich im Umbruch
  • Integrierte Unternehmensplanung erfolgt nicht konsequent auf allen Ebenen
  • Die Erstellung der Planung mit Hilfe von Excel ist allgegenwärtig, führt aber zu massiven Problemen
  • Es gibt angeblich erhebliche Zeitersparnisse im Planungsprozess, wenn spezielle und einheitliche Planungswerkzeuge eingesetzt werden

Wenn man Inhalt und Ergebnis der BARC-Studien im Zeitablauf sowie diverse Studien anderer Beratungsunternehmen (CapGemini, Deloitte, Horvath u.a) zum gleichen Thema analysiert stellt man schnell fest, dass eigentlich immer wieder ähnliche Ergebnisse zu Tage gefördert werden. Dabei werden Klagen deutlich, der Planungsprozess sei zu zeitintensiv, zu wenig integriert, ermöglicht keine Szenarien/Simulationen, erfolgt in verschiedenen Systemen, Excel dominiert im Bereich der Tool-Unterstützung und führt zu Problemen usw. usw. In der BARC-Studie geben dreiviertel der Unternehmen an, die Produktion gar nicht oder in deutlich niedrigerem Detailgrad als bspw. Kosten, Absatz, Umsatz, Bilanz und GuV zu planen. Hier stellt sich natürlich sofort die Frage, wie eine detaillierte Kosten- und Ergebnisplanung ohne eine detaillierte Produktionskostenplanung überhaupt funktionieren kann bzw. welchen Sinn das machen soll. Es wird aber erkannt, dass ein unzureichender Integrationsgrad der Planung problematisch sein kann, da sich rund die Hälfte der befragten Unternehmen eine bessere Integration wünschen. Rund 60% der befragten Unternehmen geben an, in Zukunft detaillierter planen zu wollen. Genau hierin liegt aber der Schlüssel zur Lösung der meisten in der Studie genannten Probleme. Die Erfahrung zeigt, dass der Schwerpunkt der Planungsprozesse heute immer noch auf der Erstellung der Planungsrechnung liegt. Dabei sollte ein deutlicher Unterschied zwischen Planung und Planungsrechnung gemacht werden. Die Planung ist und bleibt ein geistiger Prozess der vor dem Hintergrund realistischer Zielsetzungen nach erfolgversprechenden Strategien (Wegen zu den Zielen) und Maßnahmen sucht. Hierzu bedarf es einer großen Erfahrung, der Kenntnis der relevanten Märkte, Kenntnis der eigenen Stärken und Schwächen und frühzeitiger Erkennung sich bietender Chancen und Risiken. Letztlich geht es darum das Kundenproblem dauerhaft und nachhaltig besser zu lösen als der Wettbewerb. Für diese Aufgaben der Planung wird es auch in Zukunft keine softwaretechnischen Lösungen geben können. Die Qualität dieser eigentlichen Planung hängt allein von der Erfahrung, der Motivation und der Qualifikation der handelnden Menschen im Unternehmen ab.

Neben dem falschen Verständnis für die Planung liegt aber ohne Zweifel eine der Hauptursachen der in der Studie genannten Probleme in ressourcenintensiven und schwerfälligen Prozessen zur Erstellung der Planungsrechnungen. Es wird viel Zeit für die Gewinnung und Abstimmung der relevanten Daten verschwendet. Sind die Daten, nicht selten aus diversen heterogenen Systemen gewonnen, zusammengestellt, wird wiederum viel Zeit mit der Eingabe von Planungsdaten verschwendet. Da die Systeme nur unzureichend integriert sind, vergeht wieder viel Zeit bei der Abstimmung und Koordination der Teilpläne. Die mangelnde Integration der Teilpläne wird auch in der jüngsten Studie von BARC wieder einmal thematisiert. Über 50% der befragten Unternehmen klagen darüber, dass ihre Planungsrechnungen nur unzureichend integriert sind. Allerdings ist dies Unbehagen der Unternehmen nicht neu. In nahezu jeder Studie, die in den letzten Jahren zur Unternehmensplanung durchgeführt wurde, wird dieses Problem thematisiert. Man kann sich daher fragen, warum offensichtlich nicht systematisch und mit Nachdruck dieses Thema angegangen wird. Rund 40% der befragten Unternehmen beklagen, dass der Einsatz spezieller Planungswerkzeuge ein unzureichendes Kosten-/Nutzen-Verhältnis bietet. Zur Beurteilung dieses Ergebnisses ist es sicher hilfreich näher zu spezifizieren, was Planungswerkzeuge überhaupt leisten sollten um einen messbaren Nutzen zu generieren. Hierzu mag ein Beispiel aus der Industrie helfen. In der Planungsrechnung eines Industrieunternehmens sind vielfältige und komplexe Wirkungsgefüge hinsichtlich Produkt- und Materialverflechtungen, zeitlicher Beziehungen in der Kombination von Einsatzgütern und Ressourcen, Kapazitätsrestriktionen, Kosteneinflussgrößen usw. zu berücksichtigen. Diese Mengen- und Zeitflüsse sind bspw. in Unternehmen die mehrstufige Produktionsprozesse für eine große Anzahl von Produkten aufweisen, sehr komplex. Nachfolgend nur eine kurze Auflistung von Planungsschritten in der Industrie:

  • Systematische Planung der Primärbedarfe (Produktionsmengen). Die Produktionsmengen müssen unter Berücksichtigung von geforderten Lieferfähigkeiten aus Anfangsbeständen, Plan-Verkaufsmengen und Soll-Endbeständen je Artikel ermittelt werden.
  • Transformation der Primärbedarfsmengen in Sekundärbedarfsmengen für Rohstoffe, Hilfsstoffe, Einbauteile, Fremdbezug, benötigte Arbeitsstunden, Maschinenstunden etc. Diese Transformation erfolgt über die Auflösung von Stücklisten/Rezepturen und Arbeitsplänen
  • Abbildung zeitlicher Wirkungsgefüge wie bspw. Vorlaufverschiebungen über Dispositionsstufenverfahren
  • Abgleich vorhandener Kapazitäten mit dem über die Stücklisten- und Arbeitsplanauflösung ermittelten Kapazitätsbedarf
  • Übergabe der Programmplanung an die Prozeßplanung mit erneuter Rückkopplung zur Kapazitätsplanung (Reihenfolge- und Terminplanung, Losgrößenplanung …)
  • Übergabe der im Rahmen der Kapazitätsbedarfsrechnung ermittelten Plan-Bezugsgrößen in die Kostenstellenplanung zur automatisierten Berechnung der proportionalen Fertigungskosten

Diverse Studien zeigen, dass nicht einmal die Hälfte der befragten Unternehmen diese Mengen- und Zeitflüsse und die daraus resultierenden Kosteneffekte in Ihrer Planung berücksichtigen. Häufig wird auch vorgeschlagen, die Planungsrechnung zu „entfeinern“, um den Zeitbedarf entsprechend zu reduzieren. (siehe Rieg S. 73ff., Controller Verein et al.) Es bleibt jedoch meist offen, wie das konkret aussehen soll und welcher Nutzen, abgesehen von der vordergründigen Zeitersparnis, damit erzielt werden soll. Natürlich kann auf „hochaggregierter“ Ebene relativ schnell mit einfacher Buchhaltungsarithmetik geplant werden. Hier stellt sich dann allerdings sofort die Frage nach dem Sinn. Würden bspw. Umsätze nur als Wert und/oder Materialeinsatzkosten nur als % Satz vom Umsatz oder als Wert / Stück geplant werden, ist die Planungsrechnung zwar schnell erstellt, sie ist allerdings für Steuerungszwecke dann auch völlig unbrauchbar. Leider basieren die meisten am Markt verfügbaren Planungs- und Controllingsysteme aber genau auf solchen „Entfeinerungen“ und stellen häufig nicht mehr dar als sogenannten „Plan-Buchhaltungsmodelle“. Diese Systeme bieten nur eine scheinbare Integration, da nur auf hochaggregierter Ebene auf Basis von Kontenmodellen geplant wird.

Die im Bereich der Unternehmensplanung nach wie vor feststellbare Verschwendung von Ressourcen rührt im Wesentlichen daher, dass keine Systeme eingesetzt werden die sowohl das gesamte Wirkungsgefüge von Mengen und Zeiten als auch das ökonomische Wirkungsgefüge in Form der „Doppik“ vollumfänglich abbilden. Dies ist auch einer der Gründe, warum die vorwiegend in der Praxis anzutreffenden IT-Lösungen für Planungsrechnungen zu 80% aus Excel – Anwendungen in Verbindung mit ERP-Systemen bestehen. Der Buchstabe „P“ bei den ERP-Systemen hat in der Regel nichts mit der Unternehmensplanung bzw. integrierter Unternehmensplanungsrechnung zu tun sondern steht lediglich für die Planungsprozeduren die innerhalb der MRP/MRP II – Logiken zur Anwendung kommen. Nach voll integrierten Planungsanwendungen innerhalb eines ERP-Systems werden Industrieunternehmen daher vergeblich suchen. Ziel sollte es daher sein, Systeme zu haben, die sowohl die MRP II – Logiken (ergänzt um diverse Verbesserungen, um die Mängel von MRP II abzumildern) als auch die Buchhaltungsarithmetik miteinander verbinden. Dabei sollte eine jederzeitige Rückkopplung zwischen dem MRP-Bereich, der Kostenrechnung und der "Soll-/Haben-Welt" des Finanzbereichs bestehen d.h. sobald beispielsweise der Sekundärbedarf in Folge einer Änderung des Primärbedarfs verändert wird, müssen die Resultate sofort und ohne Zeitverzug in allen relevanten Aspekten wie bspw. Umsatz, Materialeinsatz, Deckungsbeitrag, Bestandsveränderung, Fertigungslohn, Zinsen, Steuern, Fertigwarenlager, RHB-Lager, Debitoren, Liquide Mittel usw. sichtbar sein. Sofern es den Unternehmen auch in Zukunft nicht gelingt, die Mengen- und Zeitflüsse der Produktion mit der integrierten Ergebnis-, Finanz- und Bilanzplanung in einer einzigen Anwendung zu verbinden, werden auch die nächsten Studien zu keinen besseren Ergebnissen kommen d.h. es wird weiter die Zeitintensität der Planung und die mangelnde Integration beklagt werden.